Mein erster Streifzug durch Buenos Aires begann mit einer halsbrecherischen Busfahrt.
Ich wollte mit dem Bus vom Stadtteil Villa Crespo nach Palermo fahren. So stand ich also an der Bushaltestelle der Linie 166 in der Avenida Corrientes, als ein alter Ikarus Bus mit bereits offenen Türen heranbrauste. Der erste Fahrgast sprang bereits aus dem Bus, noch bevor dieser stoppte. Dann rollte der Bus schon los, noch bevor der letzte Wartende im Bus war. Da heißt es schnell rein und raus, sonst kommt man unter die Räder. Das witzige bei dieser Angelegenheit ist aber, dass der Busfahrer eigentlich keinen Grund zur Eile hatte, denn die Busse in Buenos Aires fahren ohne Fahrplan und können demnach nicht zu spät kommen. Dennoch trat der Busfahrer auf das Gaspedal, raste die Avenida Juan B. Justo entlang und lenkte scharf in die Kurven. Das Gefühl in einer Achterbahn zu sitzen, wurden vor allem durch den alten Ikarus Bus verstärkt. Der Bus stammte wohl noch aus den frühen 80er Jahren, als der ungarische Hersteller die Welt belieferte.
Etwas flau im Magen erreichte ich den Ausgangspunkt meiner Wanderung, die Avenida del Libertador im Stadtteil Palermo.
In der Avenida del Libertador befindet sich das Polo Stadium, Campo Argentino de Polo, und die Pferderennbahn, Hipódromo Argentino de Palermo.
In Palermos Park, Bosque de Palermo, konnte ich mich von der halsbrecherischen Busfahrt erholen und durchatmen. Der Park, der sich zwischen der Avenida del Libertador und der Avenida Figueroa Alcorta entlang zieht, ist auch bekannt als Parque Tres de Febrero. Am 3. Februar 1852 verlor der Diktator Juan de Rosas seine Macht. Unter seiner Herrschaft gedieh Argentinien, so dass ihm zu Ehren der etwa 25 Hektar große Park gewidmet wurde und wohl auch, weil de Rosas einen Großteil Palermos besaß und auch dort wohnte. Im Park befindet sich das Planetario Galileo Galilei.
Nach dem Parkspaziergang bog ich in die Avenida Figueroa Alcorta ein. Die Avenida wurde nach dem ehemaligen Präsidenten José Figueroa Alcorta benannt. Es heißt, er hätte in seiner gut 20 jährigen politischen Karriere, Ämter der Legislative, Exekutive und Judikative besetzt.
Die Avenida Figueroa Alcorte ist interessant, da sich neben einer schönen Polizeistation, dort das Malba Museum befindet. Es ist das Museo de Arte Latinoamericano de Buenos Aires, das 2001 als Kunstmuseum Lateinamerikas öffnete. Etwas weiter auf dem Platz der Vereinten Nationen, Plaza de las Naciones Unidas, „wächst“ die Floralis Genérica. Die aus Aluminium bestehende Pflanze öffnet und schließt ihre Blüte jeweils mit der Tageszeit.
Kurz nach der juristischen Fakultät der Universität Buenos Aires kann man über eine Fußgängerbrücke die Avenida Figueroa Alcorta überqueren und gelangt so in den Stadtteil Recoleta. Sofort fällt einem das Centro Cultural Recoleta ins Auge, dessen Antlitz sich dem neugotischen Baustil bedient. Im Kulturzentrum finden regelmäßig Konzerte, Ausstellungen, Tanz- und Kunstworkshops statt.
Recoleta ist ein sehr schicker Stadtteil, el barrio chulo, und wohl einer der Teuersten. Der Name stammt vom Franziskaner Orden Convento de Recoletos Descalzos, die auch den Friedhof Cementario de la Recoleta errichteten.
Die Nationalbibliothek der Republik Argentinien, Biblioteca Nacional de la República Argentina, benannt nach Mariano Moreno, ist die größte Bibliothek Argentiniens und wohl auch die wichtigste Südamerikas. Die Bibliothek befindet sich in der Straße Agüero, unweit der Avenida del Libertador.
Meinen ersten Streifzug durch Buenos Aires beendete ich wieder mit einer Busfahrt der Linie 166. Als ich zur Bushaltestelle in der Avenida del Libertador kam, sah ich eine Warteschlange. Das wunderte mich doch sehr. Eine Warteschlange an der Bushaltestelle. Später erfuhr ich aber, dass das ein ganz normales und faires Verhalten der Porteños ist. Wer zuerst da ist, steigt auch als Erster in den irgendwann kommenden Bus ein.